Tag 39 km 19 Wo ist der Berg?

Der Wetterbericht sagte, heute ist der beste Tag für das Tongariro Crossing. Für die Herr der Ringe Fans: Man läuft durch Mordor am Schicksalsberg vorbei.

Um kurz vor sechs wurden wir abgeholt. Wir wollten die Massen schlagen. Am Mangatepopo Car Park angekommen bemerkten wir: Alle anderen wollten das auch.

Unser Fahrer sagte noch, ihr werdet Wasser und Sonnencreme brauchen. Die Wolkendecke bricht gleich auf und es wird ganz wunderbar.

Hä? Schaut der auf einen anderen Berg wie ich? Vom Mt Ngauruhoe und vom Mt Tongariro sieht man nix. Und von der Passhöhe, durch die man zwischen den Bergen läuft, sieht man auch nix. Wolken bis zum Horizont. Klar, das reißt sicher gleich auf.

Mit meiner Frau haben wir das Crossing vor Jahren schon mal versucht, wir haben vor der Passhöhe aus Sicherheitsgründen damals umgedreht. Dort wo wir damals waren musste ich mich mit den Händen am Boden festhalten, damit ich nicht vom Grat der Passhöhe runter geblasen werde. Das Wetter sah damals fast ähnlich aus. Ein Unterschied: Damals hatte es unten schon geregnet/genieselt.

Gut, wir sind los und den doch einigen anderen hinterher und vorraus. Kurz nach dem Start kamen mehrere junge schnatternde Mädels im Schweinsgalopp an mir vorbei. Ich habe schon in mich rein gelächelt. Mal schauen wer zuerst oben ist 🙂

Da ich/wir am Abend wieder abgeholt werden, haben wir unsere Rucksäcke ausgeladen. Drinnen geblieben ist: Essen/Trinken für den Tag. Unterwegs gibt es kein trinkbares Wasser. Die Schwedin meinte zwar lapidar, sie hätte ihren Filter dabei. Auf meine Frage, ob ihr Filter aus diesem schwefel/mineralhaltigem Wasser was trinkbares machen kann hatte sie keine Antwort. Ich habe Bedenken angemeldet.

Ansonsten hatte ich zwei paar dicke Socken (1 paar Füße, 1 paar Hände), lange Unterhosen (die Wanderhose ist dünn), Longsleeve, Downjacke, Mütze und Regenrock dabei. Die Regenjacke hatte ich schon an. Und noch Pflaster, PLB, Sonnencreme, Sonnenbrille etc.

Mann, war der Rucksack leicht!!!! Kann der nicht immer so sein?

Nach einer Stunde wird es dann schlagartig steiler. Nach zwei Kurven saßen die Mädels am Wegesrand, nach Luft japsend. Als ich langsam vorbei gelaufen kam, sind sie aufgesprungen und wieder an mir vorbei gerannt. Gerne. Es geht hier um Ausdauer. Nach zwei weiteren Kurven saßen sie wieder japsend am Rand.

700 Höhenmeter bis auf 1868 Höhenmeter. TA-Wanderer machen das mit links. Zumal ohne Rucksack. Langsam und stetig ist sowieso besser.

Wir kamen auch noch vor dem Südkrater in die Wolkendecke. Zudem drücken die Wolken hier zwischen den beiden Bergen durch. Hinweisschilder warnen vor schlechter Ausrüstung. Bin ich unten noch mit T-Shirt und offener Jacke gestartet, musste ich erst die Jacke zu machen und dann auch noch das Longsleeve raus holen. Der Wind nimmt in diesem Kanal ständig zu, der Windchill-Faktor macht es eisig kalt. Die Hände waren ganz schön kalt, gingen dank dem Longsleeve aber noch. Die Hose ist relativ Winddicht. Eine Sicherheitsschicht Klamotten hatte ich aber noch.

An der Stelle, an der wir das letzte Mal umgedreht haben, steht jetzt ein letztes Schild, das schlecht ausgerüstete Wanderer zum umdrehen auffordert.

Warum wurde schnell klar. Auch dieses Mal war auf dem Grat ein tierischer Wind. Etwas schwächer als beim letzten Mal, aber immer noch extrem stark. Und eisig kalt. Und von da an klettert man noch 200 Höhenmeter am Kraterrand hinauf. Bilder gibt es davon nicht, ich hatte mit dem klettern genug zu tun. Keine Hand frei. Noch ein bisschen mehr Wind, dann wäre die Sache nicht machbar gewesen. Beim letzten Mal haben wir echt alles richtig gemacht. Einige andere waren hier mit ihrer Ausrüstung an der Grenze. Leggings und Kapupulli sind halt nunmal nicht winddicht. Ganz liegen geblieben ist niemand. Ich musste meine Zusatzausrüstung nicht verleihen.

Auch auf der anderen Seite ging es mit dem Wind und dem Nebel/Wolken weiter. Immer wenn mal etwas Sicht war, habe ich sofort das Handy gezückt. Ganz kurz hatten wir auch einen vollen Blick auf den Red Crater. Wunderschön. Aber zu langsam fürs Handy.

Wir sind in etwas weniger Wind durch den Zentralkrater und über den nächsten und letzten Höhenzug. Dahinter hat der Wind endlich nachgelassen und bald kamen wir auch wieder unter die Wolken. Erst dann haben wir eine kurze Pause gemacht. Die beiden Schwedinnen und ich sind bis dahin auch zusammen geblieben.

Nach der Pause haben die Schwedinnen plötzlich in Hyperantrieb umgeschaltet, während ich weiter im Shoppingmodus blieb. Nein, ich weiter mein Handy gezückt und Bilder gemacht. Am Ketetahi Shelter habe ich sie dann ganz verloren. Ich habe zuerst das Schild über die Hütte, die hier mal stand, gelesen. Beim letzten Ausbruch des Vulkans, am 6 August 2012, wurde die Hütte von mehreren Steinbrocken getroffen. Einer Durchschlug auch ein Matrazenlager. Zum Glück war Winter und es war niemand in der Hütte. Danach habe ich unser Shuttle zurück bestellt. Der Fahrer wusste dann ungefähr, wann er uns abholen muss.

Es ging weiter in vilen Serpentinen und Treppen den Berg hinunter. In dieser Richtung hat man „nur“ 700 Höhenmeter bergauf, dafür 1200 Hm bergab. Mit bergab habe ich immer schon mehr Probleme. Bergauf schnaufe ich zwar, macht aber nix. Bergab geht immer so auf die Knie, auch heute.

Auch die Mädels, die ich beim bergauflaufen überholt hatte, habe ich wieder getroffen. Converse Sneakers sind ja noch schlechtere Bergschuhe wie Trailrunners. Meine Füße sind auch getaped. Ich weiß ja wo. Ein Blasenpflaster wollten sie nicht haben. Dann halt nicht. Ich meine es ja nur gut.

Unten angekommen schmerzten die Knie und die Füße. Kraft zum weiter laufen hätte ich aber noch locker gehabt. Am Parkplatz war auch eine riesige Meute die auf ihr Shuttle warteten. Unseres war schon da, die Schwedinnen warteten schon.

6,5h für das Tongariro Crossing. Ist schnell, aber klar, bei schönem Wetter bleibt man öfter stehen und macht Bilder. Deshalb passt die Angabe von 8-9h schon.

Beim zurück fahren lichtete sich die Wolkendecke langsam. War ja klar, oder? Die Bergspitzen habe ich heute trotzdem nicht gesehen. Und der Wetterbericht sagte für den Abend Regen voraus.

Am Abend waren wir im benachbarten RSA Essen. Ist ein Verein „Returned Servicemen Assosiation“. Der Verein wurde nach dem zweiten Weltkrieg für die heimkehrenden Soldaten gegründet. Ketzerisch könnte man sagen, da drin war ich der „Feind“. Da dem Verein die Mitglieder langsam weg gestorben sind (klingt blöd, ist aber so), haben sie den Verein für jedermann geöffnet. Und eigentlich hat jedes Städtchen einen Ableger. Erst haben wir als Gäste gut und billig gegessen, danach habe ich noch eine Runde Snooker gespielt. Nach dem ersten Frame hat mir jemand eröffnet, daß ich gegen den den Clubchampion spiele. Will ich mal nicht so sein und gleiche mit dem ranzigen Hausqueue auf schwarz zum 1-1 aus. Den dritten Frame haben wir auf ein anderes Mal verschoben.

Die nächsten Tage soll hier schlechtes Wetter sein. Wir wollen ab hier den Whanganui runter paddeln. Das ist eine Option ab hier (anstatt eine Woche laufen und dann paddeln). Los geht es aber frühestens ab Donnerstag. Somit bleibe ich etwas hier und kann die schmerzenden Knochen und Füße etwas pflegen. Nach fünf Tagen am Stück wandern, brauchen vor allem Füße und Knie wieder eine Pause. Mit paddeln kriegen sie diese auch, ca 10 Tage.

Morgen gibt es auch ganz bestimmt Bilder…

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